Weisheiten der Woche


Swissroller's kleine Wissensdatenbank (Woche für Woche schlauer werden...)


Sind die Russen die Könige der Weltmeere?
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VA-111 Škval

Wir wissen es, in Russland dreht die Wirtschaft zur Zeit träge, viele Dinge laufen eher suboptimal. Und dann sind da noch die ungelösten Probleme mit abtrünnigen Staaten, wie soll sich da Russland im Wettbewerb optimal positionieren. Westliche Agenten wissen aber längst, dass Russland im Bereich der Torpedo-Entwicklung ganz vorne steht. Die Russen haben seit Jahren Super-Torpedos die dem Rest der Nationen um Welten voraus sind. Und wer eine Ahnung vom Zeitbedarf der Entwicklung von militärischen Waffensystemen hat, weiss, dass der Vorsprung der Russen in diesem Bereich gewaltig ist.

Waffen im Seekrieg
Im Seekrieg werden Schiffsgeschütze gegen Schiffe eingesetzt. Zur effizienten Bekämpfung von getauchten U-Booten gibt es neben Wasserbomben nur Torpedos. Während sich die traditionellen marinen Waffensysteme in der letzten Zeit nur marginal entwickeln konnten, hat die Entwicklung der Torpedos in den letzten 2 Dekaden revolutionäre Fortschritte gemacht.

Das normale Torpedo

Ein Torpedo funktioniert ziemlich einfach. Eine strömungsgünstige Form, meist in Form einer grossen Zigarre, hilft schnell zu sein. Oft sind Torpedos knapp unter der Wasseroberfläche unterwegs, da sind Schiffe gut zu treffen. Es gibt jedoch auch Varianten, wo ein Torpedo unter dem Zielschiff detoniert, dadurch wird eine riesige Druckwelle generiert, welche das Wasser leicht macht, dem Zielschiff den Auftrieb nimmt und es dadurch schnell und gnadenlos sinkt. Der Antrieb eines Torpedos erfolgt meist mit Hilfe von Elektromotoren und Torpedoschrauben. Normale Torpedos erreichen so eine Höchstgeschwindigkeit von höchstens 80-100 km/h, wegen der hohen Dichte des Wassers. Moderne Torpedos können bis über 2’000 Meter tauchen und werden dort gegen U-Boote eingesetzt. Meist haben Torpedos konventionelle Sprengköpfe mit über 200 kg TNT als Sprengmittel an Board. In den vielen militärischen Vorratslagern liegen aber auch eine grosse Menge von Torpedos mit Atomsprengköpfen. Die Atomvarianten haben den Vorteil, dass die Zielpeilung nicht so genau sein muss. Explodiert ein Torpedo mit Atomsprengkopf, werden sämtliche Schwimmkörper im nahen und mittleren Bereich versenkt.

Das Problem, Wasser ist langsam
Wie der einfache Schwimmer feststellen kann, kommt man im Wasser kaum vom Fleck. Schiffe, U-Boote und Torpedos werden durch das umströmende Wasser stark gebremst. Der Mathematiker Isaac Newton bemerkte schon im siebzehnten Jahrhundert, dass ein schwimmender Körper bei zunehmender Geschwindigkeit weniger Druckwiderstand und Reibung bietet.

Die Superkaviation hilft, aber erst ab 180 km/h
Das physikalische Phänomen der Superkaviation tritt ab einer Geschwindigkeit von 180 km/h auf, dann bilden sich an einem Objekt im Wasser durch Unterdruck Dampfblasen, die Hitze und damit weitere Dampfblasen erzeugen.
Wenn nun ein Torpedo von Wasser umströmt wird, entsteht hinter dem Torpedokopf ein Unterdrucksystem mit Luftblasen. Höhere Geschwindigkeit verursacht mehr Wärme und diese wiederum grössere Luftblasen. Irgendwann ist das Torpedo vollständig mit Luft umhüllt, es fliegt dann quasi in einer Luftblasse im Wasser.

Den Zustand der Superkaviation kennt man schon lange, er wurde in der Praxis schon oft bei Offshore-Schiffen und Rennbooten festgestellt. Durch die Superkaviation beginnen die sehr schnell drehende Schiffsschrauben quasi zu kochen. Für Rennboote ist die Superkaviation sogar ein grosses Problem, denn bei hoher Geschwindigkeit fehlt dadurch die Kühlung der Schiffsschraube im Wasser. Bei hoher Geschwindigkeit kann es sogar passieren, dass eine Schiffsschraube in der Luftblase den Kontakt zum Wasser verliert und ohne Antriebswirkung durchdreht. Ohne "Throttle-Man" würde dann der teure Rennmotor einfach "verglühen". Die Hitze kann die teuren Schiffsschrauben beschädigen oder gar zerstören. Mit Hilfe der Superkaviation kann man aber massiv höhere Geschwindigkeiten erzielt. Und das war die Idee für die Entwicklung von neuen Torpedos. Die Schallgeschwindigkeit in der Luft liegt bei über 1100 km/h pro Stunde. Weil Wasser den Schall viel besser überträgt, liegt die Schallgeschwindigkeit im Meer bei über 5'000 km/h oder 1500 Meter pro Sekunde.

Die Lösung ist nicht einfach, denn ist das Geschoss einmal in der Luftblase, kann es schlecht gesteuert werden. Vorstehendes Material für die Steuerung ist ein Problem, denn um eine hohe Geschwindigkeit zu erreichen, sollte alles in der Luftblase bleiben. Eine neue Variante ist die Steuerung durch Veränderung der Form und des Volumens der Superkavitations-Blase. In der Theorie funktioniert dies wunderbar, aber die Praxis hat viele Hürden...

Die ersten Supertorpedos

Bild: VA-111 Škval

Es ist schon bald 50 Jahre her, als Militärwissenschafter die Idee der verringerter Reibung im Wasser erforschten. Durch die verringerten Reibungswerte wären nur noch Reibung zwischen Wasserblase und Wasser relevant, über 90% der Reibungswerte wären eliminiert. Der Militäringenieur Mikhail Merkulov aus Russland zeigte schon in den 70er-Jahren ein Torpedo, das in einem Rohr auf 180 km/h beschleunigt wurde und sich somit in einer Kavitationsblase fast reibungsfrei bewegte. Anfang der Neunzigerjahre war es dann soweit, die praktischen Tests bewiesen, dass das System der Superkaviation tatsächlich funktionierte. Mit einer überdimensionalen Steinschleuder wurde das Torpedo wegkatapultiert und auf eine Kavitationsgeschwindigkeit von 180 km/h gebracht. Dann wurde ein Raketenantrieb gestartet, die ersten Modelle erreichten eine Spitzengeschwindigkeit von 350 km/h.

Die nächste Generation

Die schlauen Russen entwickelten Ihre Super-Torpedos mit Raketenantrieb nun seit über 10 Jahren weiter und haben ein robustes und gut funktionierendes Serienprodukt. An der internationalen Waffenausstellung in Abu Dhabi zeigten die Russen den interessierten Kunden und der verblüfften Konkurrenz Ihr Super-Torpedo mit dem Namen „Shkval“ (russisch „Sturmböe“). Natürlich war unterdessen durchgesickert, dass sich die Russen mit einem neuartigen Unterwasser-Waffensystem beschäftigen. Und natürlich traute man den Russen auch einiges zu, in diesem Bereich wird jedoch viel geblufft.


Das Super-Torpedo Shkval, eine Revolution
Die Revolution war perfekt, obwohl die Russen äusserst geizig mit technischen Spezifikationen zum neuen System umgingen, war bald allen klar: Diesem Torpedo hatte niemand auf dieser Erde etwas gleichwertiges entgegenzusetzen. Superkaviations-Torpedos waren 4 mal schneller als herkömmliche Torpedos. Die ersten Shkval-Torpedos waren noch ungelenkt und nur normale Sprengköpfe vorgesehen. Auch das Exportmodell Shkval-E war nicht zielsuchend, die Zieldaten mussten vor dem Abschuss in den Autopiloten einprogrammiert werden. Nach dem Katapult beschleunigt das über 8 Meter lange und einen halben Meter Dicke Torpedo mit dem Gewicht eines ausgewachsenen Geländewagens (2.7 Tonnen) auf die gewünschte Geschwindigkeit. Man sprach aber schon beim Exportmodell davon, dass bereits eine Höchstgeschwindigkeit von 500 km/h erreicht werden konnte.

Die modernsten Shkval-Torpedos bewegen sich selbständig und können sowohl mit traditionellen als auch mit atomaren Sprengköpfen ausgerüstet werden. Zudem sind die Modelle für den Eigengebrauch wesentlich leistungsstärker. Dank der modifizierten und abgeplattete Nase mit Kavitationskante konnten Endgeschwindigkeit, Reichweite und Lenkfähigkeit weiter verbesserte werden. Gegenüber den ersten Modellen konnte bei den neueren Modelle zusätzlich die Abgase umgeleitet werden, dadurch konnte die Kavitationsblase zusätzlich erweitert werden.

Kein Schiff oder U-Boot hat bei einem Angriff mit Shkval Torpedos eine Chance zu entkommen. Die Konkurrenz versucht seit Jahren an Shkval-Pläne zu gelangen, denn die angewandte Technik ist in der Praxis äusserst kompliziert umzusetzen. Die Russen hatten das Ding ja auch nicht in 2 Wochen entwickelt.

Anscheinend sind mittlerweile alle russischen U-Boote mit Shkval-Torpedos ausgerüstet. Und nachdem die Russen bewiesen haben, dass Ihr System des fliegenden Torpedos unter Wasser tatsächlich funktioniert, wird das Produkt natürlich optimiert und weiterentwickelt. Neben anderen Zielen steht auch ein Torpedo mit Ultraschallgeschwindigkeit auf der Liste. Je mehr sich potentielle Gegner oder Konkurrenten mit den neuen Shkval-Torpedos befassen, desto mehr Schweissperlen bilden sich auf deren Stirn...

Die ersten Shkval-Käufer
Man weiss, dass China in den letzten Jahren über 50 Shkval Torpedos gekauft haben. Neben anderen Staaten gilt der Iran ebenfalls als Besitzer von mehreren Shkval Torpedos. Der englischsprechende Teil dieser Welt glaubte lange nicht an die Machbarkeit dieser Waffenart, wurden aber mit dem Auftauchen der Shkval-Exportvariante eines besseren belehrt. Eine ersten Analyse zeigte der russischen Konkurrenz auch auf, dass das Waffensystem im Meer unschlagbar war. Seither sieht die westliche marine Waffenindustrie, nicht nur alt, sondern uralt aus. Da helfen auch keine PR-Geschichten, dass man auch an solchen Systemen arbeite.

Das Unglück der Kursk im Jahr 2000
Am 12. August 2000 verunglückte das Russische Atom U-Boot Kursk. Während eines militärischen Manövers kam es zur Katastrophe. Wie bei solchen Fällen üblich, wird nicht offen kommuniziert, sondern höchstens bestätigt, was bewiesen werden konnte. Wie auch immer, die Kursk wurde stark beschädigt und versank im Nordmeer. Man weiss, dass zuerst nur ein Teil der Mannschaft getötet wurde. Weil eine Panne selten allein kommt, waren die Russen unglücklicherweise nicht in der Lage, die restlichen Matrosen zu retten. So starben schliesslich alle 118 Besatzungsmitglieder. Es wurde auch schnell klar, dass die Kursk mit neuen russischen Shkval-Torpedos unterwegs war. Gerüchteweise sollen sogar die allerneusten Hi-Tech Torpedos mit einer Höchstgeschwindigkeit bis 600 km/h und erhöhter Reichweite im Spiel gewesen sein. Unter diesen Umständen ist natürlich klar, dass die Russen nicht an einer Bergungshilfe durch andere Staaten interessiert war. Später bestätigte der Kursk-Chefkonstrukteur Igor Spasski, dass es beim Unglück ein "Gefechtsschaden" gewesen sei. So gibt es bis heute schliesslich zwei Varianten:
1.) Ein Shkval Torpedo ist an Bord der Kursk explodiert. Dies kann sowohl durch einen Defekt im Katapult geschehen sein, oder durch eine zu frühe Zündung oder Explosion im Raketentriebwerk des Torpedos.
2.) Die Kursk wurde irrtümlicherweise und mit Hilfe eines Shkval von einem eigenen Flottenschiff versenkt.

Beide Unfallvarianten sind peinlich für die Flottenführung. Gerüchten zufolge wurden im Umfeld des Manövers "geschlampt", das heisst eventuell wurde die Hightech-Waffe nicht mit der nötigen Sorgfalt behandelt.

Was macht die Konkurrenz
Bei der Torpedotechnik gelten die Russen als Pioniere und als einzige Nation mit einer revolutionären und funktionierenden Hochgeschwindigkeits-Torpedotechnik.
Die Amerikaner tüfteln natürlich ebenfalls seit vielen Jahren in diesem Bereich. Die USA-Experimente mit der Superkavitation führten im Jahr 1997 zu einem militärischen Weltrekord. Man erreichte mit einer Spezialmunition mehr als 5570 Stundenkilometern und durchbrach somit die Schallmauer unter Wasser. Dies waren allerdings Laborwerte, die hatten mit einem in der Praxis funktionierenden Waffensystem wenig zu tun.

Die Deutschen gelten als technisch ebenfalls fit und arbeiten in ähnlichen Systemen. Der deutsche Supertorpedo ist brandneu, heisst Barracuda und soll den Rest der Welt in den Schatten stellen. Der deutsche Torpedo-Überflieger soll über 800 km/h schnell sein und dank eines beweglichen Torpedokopf besser lenkbar sein. Das neue System wurde erst im Mai 2005 an der IMDEX 2005 in Singapore vorgestellt und soll speziell den amerikanischen Prototypen um Jahre voraus sein. Dank der hohen Geschwindigkeit soll der germanische Supertorpedo sogar die aktuellsten Shkval-Torpedos des Marktführers Russland abfangen können.

Was geschieht in der Zukunft
Superkaviations-U-Boote, die Leute in grosser Geschwindigkeit durch die Meere transportieren könnten, wird es in naher Zukunft nicht geben. Obwohl technisch vorstellbar, ist dies sicherheitstechnisch noch nicht zu realisieren. Zudem wäre der Raketenantrieb viel zu teuer. Auch die Concorde hatte das Ziel, Menschen in Überschallgeschwindigkeit zu transportieren. Das Projekt wurde zwar technisch umgesetzt, war aber betriebswirtschaftlich nie sinnvoll.