Weisheiten
der Woche
Swissroller's
kleine Wissensdatenbank (Woche für Woche schlauer
werden...)
Etwas zum Thema Wein abxswiss,
14.11. 2005
Die Situation:
Sie haben neulich bei Denner einen billigen mazedonischen Rotwein für
das Grillfest erstanden und hatten am nächsten Morgen so gut wie
keine Kopfschmerzen. Glück gehabt. Aber erwähnen Sie nie im
Gespräch mit Geschäftsfreunden: "Also dieser billige
Rotwein für 3,95 SFr., der war ja sooo lecker." Man wird Sie
ausstossen, ignorieren und fürderhin keine einzige Silbe mehr mit
Ihnen wechseln.
Korrekt heisst das:
"Mein Importeur hat mir neulich einen rassigen Rotwein vom Balkan
empfohlen. Ein einfacher Wein, aber zu Kurzgebratenem gut trinkbar."
Sie sehen also, richtig formuliert, wirkt das gleich viel weniger peinlich.
Übrigens "Weinkenner",
die behaupten Rebsorte, Jahrgang, Lage, Weingut, Haarfarbe des Kellermeisters
etc. am Geschmack zu erkennen, lügen. Mehr als Rebsorte evtl. noch
Region, geht meist nicht. Nur langjährig erfahrene Triebtrinker
können ihre Erfahrung einbringen und "alte Freunde" wiedererkennen.
Ebenso sind Verallgemeinerungen wie: "Frankenwein ist immer trocken"
oder "Moselwein hat mehr Säure" normalerweise völlig
an den Haaren herbeigezogen. Daran erkennt man den Blender. Solche Menschen
lassen wir gekonnt auflaufen. Das Anbaugebiet Baden ist z.B. so vielfältig,
dass hier eigentlich gar keine allgemeine Einordnung möglich ist.
Klugscheisserinfos:
• Fällt der Begriff "Schwarzriesling" so erwähnen
wir beiläufig, dass es sich dabei um gar keinen Riesling, sondern
um einen "Pinot Meunier", bürgerlich: "Müllerrebe"
handelt.
• Barriqueausbau: Weine, die im Holzfass ausgebaut werden kommen
immer mehr in Mode. Sie bekommen meist keine Prädikate etc., da
sie nicht mehr sortentypisch, gebietstypisch usw. schmecken.
• Rioja ist ein spanisches Anbaugebiet, keine Rebsorte.
• Q.b.A bedeutet "Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete".
Analog zu ausländischen Qualitätsstufen wie D.O.C., Q.b.A
ist kein Prädikat!
Das Weinglas
Fassen Sie Weingläser immer am Stiel an. Nichts ist peinlicher,
als Fettfinger am Kelch.
Wein duftet, schmeckt und sieht nett aus, das Gehör stimulieren
wir durch das Anstossen. So werden unsere Ohren mit einem glockenhellen
"Ping" auf den Genuss eingestimmt.
Proletenfalle: Packt man das Glas am Kelch ertönt bei der Kollision
der Gläser nur ein plumpes "Pock".
Gläser mit
kleinem Kelch sind für Weisswein, die mit grossem Kelch für
Rotwein.
Über die Glasqualität kann man genausoviel debattieren, wie
über die des Weines. Bleikristall ist übrigens pfui, ebenso
gefärbtes oder aufwendig geschliffenes Glas, weil die Weinfarbe
dann nicht mehr begutachtet werden kann. Falls man Ihnen ein typisch
regionales Glas, z.B. einen Römer, reicht, loben sie den erfrischend
folkloristischen Ansatz. Das zeigt, dass Sie wissen, dass so ein Glas
Unfug ist, aber den Wirt nicht beleidigen wollen. Solche Gläser
nimmt man nur, um sich schnell und unkompliziert die Lichter auszuschiessen.
Eine Sektschale weisen wir pikiert zurück, nur im hohen Sektglas
kann man die Perlage in ihrer vollen Schönheit bewundern. Man ist
ja Ästhet.
Die Bestellung
Sollten Sie in die Lage kommen den Wein ordern zu müssen, befolgen
Sie die die Faustregel:
Helles Fleisch: Riesling
Dunkles Fleisch: Bordeaux
Die Chance, damit
daneben zu liegen, geht gegen 0. Auf jeden Fall wird niemand Einspruch
erheben, da er sonst in Erklärungsnotstand gerät. Riesling
ist die Perle des deutschen Weines, er hat eine angenehme Farbe, ein
vielschichtiges Aroma, feinnervige Säure, ausserdem muss man danach
nicht so furzen. Bei Rieslings-Bestellungen erwähnen Sie: "Den
ewigen "Pinot Grigio" ("Chardonnay" falls ihr Gegenüber
aus Italien kommt) kann man ja langsam nicht mehr sehen.
Vorsicht: Grauburgunder und Ruländer sind dasselbe wie "Pinot
Grigio"!
Bei Bordeaux-Bestellungen:
"Die "Rioja"- ("Barolo" falls Sie zu einem
Spanier sprechen ) Euphorie legt sich ja zum Glück langsam wieder."
Nie einen "halbtrockenen" Wein bestellen, das ist genauso
peinlich wie "rosé", ausser sie wollen betont Liberalität
gegenüber gewissen Sexualgewohnheiten signalisieren. Rosé
trinken vor allem junge Erwachsene, die von Wein keine Ahnung haben.
Zum Essen trinkt man trockenen Wein, zum Dessert süssen. Sollte
Ihr Mitesser aus der Provence kommen ist allerdings Vorsicht mit Ressentiments
gegenüber Rosé-Weinen angebracht.
Rotling oder Schillerwein
(Würtemberg) ist eine andere Bezeichnung für einen aus weissen
und roten Trauben (oder deren Maische) "gemischten" "Rosé".
Fertige Rot- und Weissweine dürfen nach geltendem Weinrecht nicht
miteinander vermischt werden. Bestellen Sie immer einen möglichst
alten Wein, wenn es um Rotwein geht (ausser sie müssen zahlen).
Bestellen Sie einen 2-4 Jahre alten Wein wenn es sich um Weisswein handelt.
Bestellen Sie nie offene Weine, immer eine ganze Flasche. Wenn das überhaupt
geht, viele kleinere Weinstuben bekommen ihren Rebensaft nämlich
in Schläuchen, Kanister o.ä. geliefert ( das ist aber kein
unbedingter Qualitätsnachteil). Das Risiko bei offenen Weinen ist,
dass man schon mal einen spanischen Leberkiller als lecker Rioja vorgesetzt
bekommt.
Schnüffeln sie am Kork, wenn sie wollen, aber seien sie sich der
Tatsache bewusst, dass er in den meisten Fällen nach Kork riecht
(das ist halt so). Nur, wenn er muffelig riecht ist Vorsicht geboten,
ein erster vorsichtiger Schluck bringt dann den Beweis.
Dekantieren
Das Dekantieren des Weines, also das Umfüllen in eine Karaffe dient
hauptsächlich dazu, das Depot, also abgelagerte Feststoffe vom
Wein zutreffen. Dazu legt man die Flasche vor dem Dekantieren einige
Zeit schräg, das Depot kann sich dann am Flaschenboden sammeln.
Beim Umgiessen, Profis stellen dabei eine Kerze unter den Flaschenhals,
stoppt man, bevor dir Brocken in die Karaffe fliessen.
Weissweine dekantiert man im allgemeinen nicht, da sie weniger Feststoffe
enthalten und die Oxidation durch zuviel Sauerstoff den Geschmack eher
beeinträchtigt (in Richtung Sherry).
Bei Rotweinen ist eine leicht Oxidation dem Geschmack oft zuträglich,
bei alten Flaschen hat der Wein oft während der Lagerung schon
durch den Korken geatmet. Hier kann der "Sauerstoffschock"
dem Wein den Rest geben.
Das Etikett
Lesen Sie die Jahreszahl auf dem Etikett. Das ist nicht das Verfallsdatum,
sondern das Jahr der Ernte ( der Kenner sagt allerdings "Lese").
Junger Bordeaux hat in etwa den Tanningehalt von Gerberbrühe. Sollte
also jemand einen Wein aus dem Bordelais ordern, der weniger als 5 Jahre
alt ist, bestellen Sie lieber ein Bier. Oder beklagen Sie lautstark
den hohen Gehalt an Polyphenolen. Deutsche Weinetiketten sind sehr undurchsichtig.
Keine Sau weiss, ob sich hinter einem "Oppenheimer Nierentritt"
eine Perle der Önologie oder ein hinterhältiger Angriff auf
unsere Gesundheit verbirgt. Die Lage des Weines sagt nichts über
seine Qualität aus. Ob fürstliche Domäne im Reingau oder
Bahndamm Nordseite aus Friesland, lassen Sie sich nicht blenden, wenn
andere mit Lagenbezeichnungen um sich werfen. Was zählt, sind bei
deutschen Weinen die Prädikate, unter Q.b.A. geht nichts. O.b.A
ist selbst allerdings noch kein Prädikat, sondern sagt nur aus,
dass der Erzeuger nachweisen kann, wo seine Trauben gewachsen sind.
Bei Tafel- und Landweinen ist originelle Artenvielfalt in einer Flasche
durchaus keine Seltenheit.
Der Geschmack
Es ist wissenschaftlich verbürgt, dass die wichtigsten Geschmacksinformationen
über das Auge transportiert werden. Was auf dem Etikett steht,
wird geglaubt. Wenn da "trocken" steht, ist der Wein trocken,
auch wenn sich Zuckerkristalle im Glas absetzen. Praktisch jeder Wein
geht als "halbtrocken" durch, ausser er greift schon das Glas
an. Wir bestellen grundsätzlich Bordeauxweine, die sind normalerweise
am Wort "Chateau" auf dem Etikett zu erkennen. Im Bordelais
herrscht ein relativ strenges Klassifizierungssystem, das dem Kenner
ermöglicht den Wein genau einzuordnen und dem Weinbauern die Freiheit
lässt, zu panschen, was das Zeug hält. Französische Weine
werden in der Regel mit Zucker versetzt, dass es nur so kracht. Man
nennt das dort allerdings "chaptalisieren".
In Deutschland ist
das Chaptalisieren nur bei Weinen ohne Prädikat erlaubt. In eine
Spätlese darf also kein Zucker rein. Ein echter Bordeaux besteht
aus ca. 3 verschiedenen Weinen, die assembliert werden. Dadurch befinden
sich soviele Aromen in dem Stoff, dass man mit seiner Geschmackseinschätzung
nie völlig daneben liegen kann. Gut klingen immer: Cassis (schwarze
Johannisbeere), Zimt, Vanille, Zigarrenkistenholz, Kaffeebohne; aber
so ziemlich jede Geschmacksrichtung, die Sie auch von der Eisbude kennen,
können Sie nennen (Vorsicht mit "Stracciatella").
Wenn sie nicht die
Flasche gesehen haben beschweren Sie sich nicht über den korkigen
Geschmack, der Wein könnte aus einem Schlauch abgefüllt sein
(PVC-Behälter mit integriertem Zapfhahn) nichts ist peinlicher
wenn der Kellner den Besserwisser korrigiert. Sprechen sie nie vom Geschmack,
sondern vom Bukett oder von den Aromen. Es gibt primäre, sekundäre
und tertiäre Aromen. Am schönsten sind die postfermentativen
Aromen, also diejenigen, die durch die Lagerung entstehen. Obacht: Wenn
Sie sich darauf beziehen sollte nicht 2001 auf dem Etikett stehen. Riesling
sollte kalt, Rotwein bei Zimmertemperatur getrunken werden. Zimmertemperatur
bedeutet nicht 22° Celsius, sondern 18° C. Früher waren
die Menschen nicht so verweichlicht wie wir heute.
Zusätzliche
Probleme
Wein und andere alkoholische Getränke sind wunderbare Genussmittel.
Alkohol ist jedoch auch ein brutales Gift und bei Konsum im Übermass
ein Mittel mit tödlicher Wirkung. Wir haben in der Schweiz jedes
Jahr allein über 500 Tote durch alkoholische Leberzirrhose (Schrumpfleber).
Dies sind mehr Tote als im Strassenverkehr umkommen. Dazu ist noch zu
sagen, dass die Schrumpfleber erst bei alkoholkranken Menschen mit grossem
Alkoholkonsum auftritt.